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Ursprung

In allen Hochkulturen der Menschheitsentwicklung war die Glocke ein Signalinstrument für religiöse und profane Zwecke. Nach Erfindung der Turmuhr wurde in Städten und Dörfern die Glocke als Zeitangabe mittels Uhrschläge verwendet.
In den Niederlanden entstand nach und nach die Gewohnheit, vor die Uhrschläge - wie eine Art Vorankündigung - eine kurze Melodie auf einigen kleinen Glöckchen hören zu lassen. Allmählich wurde diese Reihe Glöckchen umfangreicher. Das ermöglichte die Einrichtung eines echten Carillons. Die Instrumente konnten nun automatisch und durch eine Handspieleinrichtung, auch Stockspieltisch genannt, gespielt werden. Zu festgesetzten Zeiten konzertierte dann ein qualifizierter Glockenspieler. Seit dem 15. Jahrhundert vollzog sich diese Entwicklung unter dem Einfluss des gräflichen Hofes auch in Den Haag.

Glockenspiele in Den Haag

Heutzutage ist in den Niederlanden die Carillonkultur in Den Haag in einer nahezu einmaligen Situation: Jede Woche - ganzjährig - gibt es sieben Konzerte, verteilt auf drei verschiedene Türme, die alle drei ein Instrument mit einem eigenen Charakter haben.

Die Große Kirche (Grote Kerk)

Das Carillon in der „Grote Kerk", in Holland und Flandern sagt man „Beiaard" zu diesem Instrument, entstand schon im 15. Jahrhundert. Zunächst hatte es wenige Glocken. Jetzt hat das Instrument 51 Glocken. Jede Viertelstunde erklingt zwischen 8.15 bis 21.00 Uhr eine kurze Melodie zur Zeitangabe, ausgelöst von einem Automaten aus dem Jahre 1686. Er sieht aus wie eine riesige Spieldose. Gijsbert Kok, der ‘stadsbeiaardier' [Stadtglockenspieler] gibt am Montag, Mittwoch und Freitag von 11.00 bis 12.00 Uhr Livekonzerte. Die hört man besonders gut im Innenhof ‘de Nutstuin', einem Garten gleich um die Ecke in der ‘Jan Hendrikstraat'. Der Eintritt ist frei!

Scheveningen (Oude Kerk, Keizerstraat)

Das Carillon von Scheveningen - mit 37 Glocken - findet man im Turm der Alte Kirche in der ‘Keizerstraat'. Es wurde in 1975 installiert. Auch hier konzertiert Gijsbert Kok am Mittwoch von 14.30 bis 15.30 und Samstag von 11.00 bis 12.00 Uhr, jede Woche im Jahr. Für die Zeitangabe ist dieses Carillon mit einem computergesteuerten Automaten ausgestattet, der jede Viertelstunde zwischen 9.00 und 21.00 spielt. Am Sonntag ist Ruhetag!

Friedenspalast

Das dritte Glockenspiel in Den Haag - das ‘Friedenscarillon' - ist 1994 im Hauptturm des Friedenspalastes, dem Sitz des Internationalen Gerichtshofs installiert worden. Ganz oben im Turm, hinter den Klangbrettern, hat die Firma ‘Koninklijke Eijsbouts' (Asten) einen neuen Boden für die Glocken und ein weiteres Stockwerk für den Stockspieltisch gebaut. Dieses Carillon hat 48 Glocken und ist ein reines Konzertinstrument. Es gibt also keinen Computer zur Zeitangabe. Jede Woche, am Dienstag und Donnerstag von 13.00 bis 13.45 Uhr, konzertieren verschiedene Glockenspieler. Im Infozentrum ist eine CD von diesem Carillon erhältlich.

Ein internationales Netzwerk von Friedensglocken

Weltweit gibt es weitere Glocken oder Carillons, die dem Frieden gewidmet sind oder an Kriege erinnern. Einige Beispiele: Australien (Australian War Memorial Carillon in Sydney), Belgien (Universiteitsbeiaard Leuven), Canada (Parliament of Canada/The Peace Tower in Ottawa), Deutschland (Glocken des Friedens in Altenburg/Sachsen), Italien (‘Die Friedensglocke von Rovereto'/Trento), Neuseeland (National War Memorial in Wellington), Österreich (Friedensglockenspiel in Innsbruck und die Friedensglocke in Mösern/Tirol) und in den USA (o.a. Arlington).

Näheres in: www.carillon.org

 

 

 

 

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Die Tasten sind als gerundete Holzstäbe gefertigt. Diese ‘Stocktasten' sind mit Metalldrähten an den Klöppeln der Glocken befestigt. Sie können laut und leise, je nach künstlerischer Gestaltung, angeschlagen worden. Die tiefen Glocken werden durch Pedale betätigt.